Wien, eine Stadt im Aufwind – klimafreundliche Investitionen rechnen sich
Wien anno 1973: Ein Riesenloch klafft am Karlsplatz und läutet den Beginn der Wiener U-Bahn Bauarbeiten ein. Fußgängerzonen sind schon in Planung, die nach Beendigung der Aufgrabungen viele Autostraßen ersetzen sollen. Proteste der Kaufleute machen die Runde: Wer kommt schon ohne Auto zum Einkaufen in die City? Händlersterben wird prophezeit.
Ich erinnere mich an unsere Firmung im Stephansdom: Mit dem Auto fuhr unser Firmpate bis vor das Riesentor des Doms - und parkte gleich daneben. Heute unvorstellbar.
Konnte die Idee mit den geplanten Fußgängerzonen gut gehen? Es funktionierte, und wie! Die unzähligen Baumpflanzungen und die Möglichkeit, gehsteigfrei von von Geschäft zu Geschäft zu schlendern, sorgten für ein völlig neues Einkaufsflair und entschädigten den Verlust von Parkplätzen, die man nun nicht mehr benötigte. Es gab ja bereits die U-Bahn.
Heute sind Fußgängerzonen für Wirtschaft, Tourismus und Flanieren aus Wien nicht mehr wegzudenken. Vor allem mit der neu entstandenen Wiener-Beisl-Szene und den zig über die Stadt verteilten Gastro Hotspots steht Wien Matropolen wie Paris und London um nichts mehr nach.
Aha-Erlebnis 1975 an der Uni: Aus der Sicht von Stadtentwicklungsplanern wird Wien nicht unbedingt als Brückenstadt, ja nicht einmal als Flussstadt eingestuft. Schock! Denkt man aber an den damaligen Handelskai mit seinen alten Lagerhäusern, keine Rad- und Spazierwege, wenn man vom alten Treppelweg absieht, praktisch keine Infrastruktur und regelmäßig überschwemmt, so kann man die seinerzeitige Einschätzung schon nachvollziehen. Das jenseitige Donauufer war um nichts besser: Das breite Überschwemmungsgebiet trennte Wien eher als dass es die Stadt miteinander verband. Transdanubien war weit weg. Das Leben am Fluss spielte sich eigentlich nur an der beliebten alten Donau ab.
Mit dem Bau der Donauinsel von 1972 bis 1988 wuchs Wien dann langsam wirklich zusammen und entwickelte sich zu einer echten Brückenstadt, nicht nur weil mit Tangente und Brigittenauer Brücke zwei Donauquerungen hinzu kamen. Aus dem unattraktiven Überschwemmungsgebiet wurde eine elegante grüne Insel mit viel Baumbestand und unzähligen neuen Freizeitangeboten für die Wiener Bevölkerung. Öffentliche Anbindung, viel Grün und Infrastruktur hauchten dem Donauareal mit Insel und schönen Ufern neues Leben ein.
Wie konnte Wien solange ohne all dem auskommen?
Comments 1
Christian Pfleger
@Donauinsel: Wien ist seit der Fertigstellung der Donauinsel - im Gegensatz zu Niederösterreich oder Donaustädten wie Prag oder Dresden - von schweren Hochwasserschäden verschont geblieben.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie massiv die ÖVP gegen die Errichtung der Donauinsel gewettert hat. 1973 war der Baubeginn der Donauinsel der Anlass für die Aufkündigung der rot-schwarzen Koalition in Wien durch die ÖVP.